EVG kriegt kalte Füße

Noch vor wenigen Tagen und Wochen verurteilt der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, die Beharrlichkeit und Bereitschaft zum Arbeitskampf der GDL auf’s Schärfste. Nun, da der Druck auf den Deutsche Bahn Konzernvorstand, durch weitere mögliche Arbeitsniederlegungen steigt, verliert die mutmaßlich größere Bahngewerkschaft offenbar das Vertrauen in die eigenen Tarifabschlüsse und verschärft die Rhetorik.

Während Klaus-Dieter Hommel die Arbeitskämpfe der GDL als “politischen Streik” und “Kampf ums Überleben der GDL” verurteilte, stellt der Vorstand der EVG nun mit Entsetzen fest, dass sich echte Gewerkschaftsarbeit auszahlen kann. So scheint sich die EVG mittlerweile mit dem Gedanken vertraut zu machen, die in ihrem schwachen Tarifabschluss aus dem letzten Jahr, vereinbarte “Angstklausel” zur Anwendung zu bringen. Diese besagt in einfachen Worten, dass wenn eine andere Gewerkschaft einen besseren Tarifabschluss erzielt, der eigene Tarifvertrag nachgebessert werden muss. Das ist einfachste “[…] Trittbrettfahrerei”, wie es kürzlich auch Ulrich Silberbach, Vorsitzender des Beamtenbundes (dbb), in einem Interview mit dem Tagesspiegel nannte. So stellt man sich die Frage, wieviel Vertrauen muss man als Gewerkschaft in die eigenen Tarifabschlüsse haben, wenn man solche Klauseln in Tarifverträge einbauen muss. Der angepriesene Kündigungsschutz, auf den die EVG bei den Verhandlungen den größten Wert gelegt hat, entpuppt sich offenbar als die Nebelkerze des Bahnvorstandes, die es von Anfang an gewesen ist. Claus Weselsky, Chef der GDL, hat seinen Mitgliedern von Anfang an gesagt, dass es keinen Kündigungsschutz braucht, in einem Unternehmen, dass jährlich zehntausende neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Einstellung sucht. Die EVG hat sich verzockt und nun haben wir ihn, einen Vorsitzenden der EVG, der öffentlich mit dem Finger auf die GDL zeigt und laut in der Presse schreit: Was die anderen kriegen, will ich auch!

Im Rückschluss lässt sich festhalten, dass abermals die GDL und ihre Mitglieder einen Handlungsdruck auf den Konzernvorstand der DB AG und den Mehrheitseigner Bund aufgebaut haben, der schlussendlich zu besseren Tarifabschlüssen führen wird. Und das wittert nun auch die EVG.

So ist in den letzten Tagen, neben der Lohnsteigerung und der Corona-Prämie, auch die Forderung der GDL zum Thema betriebliche Altersvorsorge (bAV) in den medialen Fokus gerückt. Just in diesen Tagen wird das Internet und die Presse geflutet, mit Berichten über Verhandlungen zwischen EVG und Bahn zu genau diesem Thema. EVG-Mitglieder müssen sich allerdings an dieser Stelle die Frage stellen: Warum dauert es mehr als 7 Monate, bis die eigene Gewerkschaft (EVG) Verhandlungen zu einem ausgelaufenen oder gekündigten Tarifvertrag (ZversTV) aufnimmt um eine Anschlussregelung zu erwirken.

Hier kann man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die EVG und der Bahnvorstand ein Problem erkannt haben. Die Mitglieder der arbeitgebernahen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stellen nun unangenehme Fragen. Während die GDL diese Themen von Beginn an prominent in ihrem Forderungskatalog verbrieft hat, schauen EVG-Mitglieder in die Röhre. Einen Kampf ums Überleben führt die GDL wahrlich nicht. Gemessen an den Beitritten, allein in diesem Monat, muss sich vor allem der Vorstand der Deutschen Bahn AG große Sorgen machen. Denn: Tarifverhandlungen, wie es sie mit der EVG noch vergangenes Jahr gegeben hat, wird es mit der GDL nicht geben. Ein Akzeptieren von Rentenbezügen für Vorstände von monatlichen 20.000 €, Lohnerhöhungen von 10% für Vorstandsmitglieder und Bonuszahlungen für tausende Führungskräfte, bei gleichzeitiger Minus-Runde für die Angestellten wird es mit Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern, die in der GDL organisiert sind, ebenfalls nicht geben.

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