Herr Hommel & das schmale Brett (Posse)

Was sich liest, wie der Titel eines Kinderbuches, erinnert auch, bei genauer Betrachtung der Fakten, an ein solches. Seit Beginn der Tarifauseinandersetzung zwischen GDL und Deutsche Bahn AG, wurde der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter (Herr) Hommel, nicht müde, die Forderungen und den Arbeitskampf der GDL und ihrer Mitglieder, als überzogen und unverhältnismäßig zu schmähen. Nun aber wagt sich Herr Hommel, in einem Interview mit der WirtschaftsWoche, auf ein ganz schmales Brett als er sagte: “Wir entscheiden, was gilt und was nicht.” Weiter betonte er, der Tarifkonflikt, den die GDL mit der Deutschen Bahn AG führt, sei “[…] erst dann vorbei, wenn es ein Ergebnis gibt, das auch wir (die EVG – Anmerkung der Redaktion) akzeptieren”.

Schauen wir uns die Fakten an.

Im Herbst 2020 verordnete Herr Hommel, gegen alle Widerstände, den Mitgliedern seiner EVG, mit Abschluss eines “Solidartarifvertrages”, zwangsweise Solidarität mit dem Deutsche Bahn AG Konzern. Wobei die Inhalte dieses Tarifabschlusses deutlich zeigen, dass Solidarität sich dabei nur in eine Richtung orientiert – nämlich von unten nach oben. Die von der EVG vertretenen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner verzichten unter anderem auf mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen und eine garantierte Altersvorsorge. Im Gegenzug dafür, erhalten tausende Führungskräfte im Konzern, Großteile (51%) ihrer Boni ausgezahlt und die Gehälter einiger Vorstandsmitglieder werden um schlappe 10% erhöht. Fakt ist jedenfalls, mit der Unterschrift unter diesem “Solidartarifvertrag”, hat Herr Hommel diese Tarifrunde für seine Gewerkschaft und die von ihr vertretenen Mitglieder, beendet.

Nun fragt man sich, wenn man das Interview in der WirtschaftsWoche liest, wie Herr Hommel zu der steilen These kommt, dass ausgerechnet er, als am Tarifkonflikt zwischen GDL und Deutsche Bahn AG völlig Unbeteiligter, von der Seitenlinie aus, irgendein Mitspracherecht bei den Verhandlungen oder gar dem Ergebnis dieser Verhandlungen haben könnte.

Möglicherweise liegt es daran, dass es im “Solidartarifvertrag” zwischen EVG und Deutsche Bahn AG ein wahnwitziges Konstrukt gibt, welches dem nunmehr etwas quengeligen Herrn Hommel die Möglichkeit zum Nachspiel gibt. Die Deutsche Bahn AG hat der hauseigenen Gewerkschafts-Abteilung (EVG) ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Dieses greift dann, wenn es einer anderen Gewerkschaft gelingt, durch echte, harte Gewerkschaftsarbeit und möglicherweise Arbeitskampf, bessere Tarifbedingungen auszuhandeln, als es Herrn Hommel selbst gelungen ist. Warum macht die Deutsche Bahn AG solche Konstrukte überhaupt möglich? Ist es doch absolut im Sinne des Konzern-Vorstands, den Gewerkschaften (also auch der EVG) so wenig Zugeständnisse wie irgend möglich zu machen.

Einfach gesagt: Der Konzern ahnte schon mit Abschluss des “Solidartarifvertrages” mit der arbeitgebertreuen EVG-Führung, dass ein solches Manöver mit den streitbaren Mitgliedern der GDL nicht machbar sein wird. So besteht dann die große Gefahr, dass auch EVG-Mitglieder auf den Trichter kommen könnten, etwas mehr zu verlangen als eine Null-Runde bei der Lohnerhöhung, eine reale Einkommensverringerung und, das ist Herrn Hommel besonders wichtig gewesen, einen Schutz vor betriebsbedingter Kündigung. Nach Monaten, in denen Herr Hommel seinen “Solidartarifvertrag” mit integriertem, wenn auch völlig unnötigem Kündigungsschutz (!), mit breiter Brust verteidigt hat, schwant ihm nun Böses. Sieht es doch so aus, als wäre ausgerechnet das am härtesten erkämpfte Zugeständnis (Kündigungsschutz) nur eine Nebelkerze gewesen.

Nun muss Herr Hommel handeln. Er zwängt sich in das ihm, trotz ähnlich imposanter Erscheinung, viel zu enge, grüne Trikot der GDL, und versucht sich noch einmal ins Spiel zu schleichen. Und das nur, um vom unvermeidbar besseren Tarifabschluss der GDL-Mitglieder zu profitieren. Das ist ein klares Foulspiel und moralisch sehr fragwürdig, wäre es doch viel ehrlicher, einfach eine GDL-Beitrittserklärung auszufüllen, und ordentliches Mitglied der GDL zu werden.

Was können wir nun aus dieser Geschichte lernen?

Neid und Missgunst des Herrn Hommel, sind nur die Kehrseite einer Medaille, auf deren Vorderseite großer Respekt und tiefe Anerkennung stehen. Respekt und Anerkennung, für die Solidarität und das beharrliche Durchhaltevermögen, der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).

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